Presseartikel: Schweizer Bauer

«Ich provoziere gern»

Wie so oft im Winter ist es ein nebliger Tag im Berner Seeland. Der Birkenhof in Kallnach BE ist eingehüllt in graue Schwaden, die Mutterkühe hinter dem Bauernhaus nur schwer zu erkennen. Spätestens als Fabian Mori und zwei seiner drei Kinder die Tür öffnen, ist das trübe Wetter aber vergessen. Die Kinder mustern den Besuch neugierig, dann spielen sie friedlich auf dem Boden der Wohnstube. Der Vater muss hin und wieder etwas helfen, ansonsten erzählt er lebhaft davon, dass er ursprünglich alles andere als Bauer werden wollte. Er besuchte die Technische Fachschule in Biel, arbeitete lange als Konstrukteur, wohnte in der Nähe von Zürich, ist viel gereist. Und doch zog es ihn auf einmal zurück aufs Land, «in einen systemrelevanten Beruf», wie er sagt. Er lernte also Landwirt und übernahm den elterlichen 22-Hektaren-Betrieb. Stellte ihn von Milchvieh- auf Mutterkuhhaltung um, arbeitet weiterhin 50 Prozent als Konstrukteur und setzt auf Direktvermarktung. «Mir gefällt der Kontakt mit der Kundschaft. Und ich finde es wichtig, dass die Leute sehen, wie viel Sorge wir unseren Tieren tragen und dass sie wissen, woher ihr Fleisch kommt. Ich verstehe mich als Brückenbauer und will ein gutes Image der Landwirtschaft nach aussen tragen», sagt er.

Ausziehen fürs Image

Die Imagepflege sei auch ein Grund gewesen, aus dem er bei diesem Shooting mitmachte. Dem Shooting für den Bauernkalender 2021. 12 Männer sieht man darin leichtbekleidet, alle haben einen bäuerlichen Hintergrund und wurden in einer ländlichen Umgebung abgelichtet (den gleichen gibts mit Frauen). Mori ziert das Januarbild. Er holt den Kalender und legt ihn mit seinem Bild nach oben auf den Tisch. «Die Leute sollen dank dieses Kalenders von der Vorstellung wegkommen, dass Bauern hinterwäldlerisch sind und die ganze Zeit ungepflegt und in Gummistiefel rumlaufen», sagt er. Nicht nur das Image der Bauern bewegte ihn aber dazu, sich oben ohne fotografieren zu lassen. «Ich stehe gern im Mittelpunkt und provoziere gern. Mir gefällt es zu unterhalten und eine Show zu zeigen», sagt er.

Wrestling im Dorf

Hört man das, erstaunt es nicht so sehr, dass er nicht nur Bauer und Konstrukteur, sondern auch Wrestler ist. Wrestling ist eine Schaukampf-Sportart. Es geht um Fitness, ein gutes Körpergefühl und eben darum, die Leute zu unterhalten. Mori gefällt diese Kombination, weshalb er einen der ersten Wrestling-Clubs der Schweiz gegründet hat. Er ist bei ihm auf dem Hof und heute der zweitgrösste der Schweiz.

Er sei im ganzen Dorf bekannt für seine Ideen und sein Flair für Show, sagt er. Er spielt in einer Theatergruppe und wenn ein Freund zum Beispiel einen Heiratsantrag plane, komme er für Ideen zu ihm. Mori erzählt von Champagner, Kerzen und Zuckerstücken, er spricht über Adventure Rooms und andere Freizeitbeschäftigungen. Er kennt aber auch ernste Themen. Da er sich für den Zuckerrübenanbau engagiert und in Lohnarbeit anderen Bauern Rüben graben geht, weiss er um viele Probleme in der Landwirtschaft. Einige Bauern sprechen mit ihm über Schwierigkeiten und er wünscht sich, dass jene, die sich im Kreis drehen und nicht mehr aus dem Kummer rauskommen, eine Lösung finden.

Er jedenfalls scheint zufrieden mit seinem Leben. Und vielleicht ist er tatsächlich ein guter Botschafter für eine moderne, aufgeschlossene und vielseitige Landwirtschaft.

Quelle: Schweizer Bauer vom 14. Dezember 2020, Julia Spahr

 

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